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Mehr Mut zur Digitalisierung

Wie man ein Unternehmen mit moderner Software professionalisieren kann

Ein Interview von Felix Klimsch, Geschäftsführer der C.O.S. Software GmbH, mit Patric Polch, Inhaber von Boote Polch aus Traben-Trarbach

Wenn es um Digitalisierung geht, stehen gerade kleinere Unternehmen heute vor großen Herausforderungen. Ein Unternehmen, das den Prozess der Digitalisierung bereits gelungen umgesetzt hat, ist Boote Polch aus Traben-Trarbach. Das Unternehmen gilt in Sachen digitaler Professionalisierung als Vorreiter in der Branche und setzt dabei erfolgreich die Warenwirtschaft der C.O.S. Software GmbH ein.

Boote Polch blickt auf eine beachtliche Tradition als Familienunternehmen zurück. 2008 übernahm Patric Polch das Unternehmen von seinem Vater und führt seitdem die Geschäfte. Im Verkauf und in der Reparaturwerkstatt liegt der Fokus seit jeher auf Kajütbooten; aber auch die Nachfrage nach anderen Bootstypen wird bedient. Felix Klimsch, Geschäftsführer der C.O.S. Software GmbH, hat sich mit Patric Polch über die Erfahrungen von Boote Polch beim Prozess der Digitalisierung und der Einführung der Warenwirtschaft Arista unterhalten.

Felix Klimsch: Herr Polch, welche hauptsächlichen Überlegungen haben dazu geführt, eine Software für Handels- und Reparaturabläufe einzuführen?

Patric Polch: Das wichtigste Kriterium war für mich die Einführung einer auftragsbezogenen Arbeitszeiterfassung. Der zeitliche Aufwand der entstand, um die Arbeitsleistungen der Mitarbeiter in der Werkstatt gezielt auf die Kundenaufträge zu verteilen, war irgendwann nicht mehr tragbar. Wir wollten das optimieren.

Unsere Mechaniker arbeiten in Stoßzeiten an ca. 20 verschiedenen Aufträgen am Tag. Diese Tätigkeiten müssen dokumentiert werden, denn passiert das nicht, können sie dem Kunden nicht korrekt oder gar nicht berechnet werden. Es war also wichtig, dass die auf unterschiedliche Tätigkeiten und Dienstleistungen verwendeten Arbeitszeiten auf einem Auftrag schnell, einfach und lückenlos erfasst werden können. Wird einmal versehentlich eine Zeit auf ein falsches Boot gebucht, so kann dies nachträglich berichtigt werden

Patric Polch - Geschäftsführer Boote Polch KG

“Früher hat sich mein Vater jeden Morgen mit unseren Mitarbeitern hingesetzt und ist mit ihnen den vergangenen Tag durchgegangen. Jeder Einzelne musste nachvollziehen, was er gemacht hatte und versuchen, die acht Stunden, die er anwesend war, auf die Aufträge zu verteilen. Hat er das nicht gemacht, waren vielleicht fünf Stunden halbwegs dokumentiert – der Rest konnte nicht berechnet werden.”

Patric PolchGeschäftsführer Boote Polch KG, Traben-Trarbach

Felix Klimsch: Worin liegen Ihrer Meinung nach die größten Vorteile, die Sie seit der Einführung der Warenwirtschaft mit Arbeitszeiterfassung im Unternehmen feststellen konnten?

Patric Polch: Heute sehen wir, wie viele Kleinteile wie z.B. Schrauben, Kabel, Widerstände, Stecker usw. tatsächlich auf Aufträgen erfasst werden. Früher hat man die mal schnell aus dem Lager geholt, sie aber nirgendwo verbucht. Dass diese Teile heute auf den Aufträgen erscheinen, ist bereits für sich allein ein immenser Mehrwert, der z.B. eine überraschend hohe Auswirkung auf den Rohertrag hatte.

Die Zeiterfassung hilft auch bei der Kontrolle. Man kann künftige Projekte besser abschätzen und vergangene leichter analysieren. Wir haben damit zudem viel Ruhe in die Werkstatt gebracht, denn es ist sehr klar ersichtlich, wie lange an etwas gearbeitet wurde. Kein Mitarbeiter fühlt sich kontrolliert, wenn mal die Frage auftaucht, warum etwas vielleicht mal länger gedauert hat.

Felix Klimsch: Inwieweit hat die Anbindung an die Finanzbuchhaltung Ihre Kaufentscheidung bei der Software beeinflusst?

Patric Polch: Das war ebenfalls eine wichtige Anforderung an die Warenwirtschaft. Wir übergeben automatisch alle Aus- und Eingangsrechnungen mit den Zuordnungen der Kostenstellen aus der Warenwirtschaft direkt in die Finanzbuchhaltung. Somit habe ich einen genauen Überblick über die Erträge im Neugeschäft, im Ein- und Auswinterungsgeschäft, in der Werkstatt, an den Liegeplätzen usw.

Felix Klimsch: Werden Bestellungen ebenfalls über das die Warenwirtschaft erledigt?

Patric Polch an der C.O.S. Arbeitsstation

Patric Polch: Elementar wichtig ist das Bestellen aus der Warenwirtschaft.

Wir haben sehr viele Subunternehmer und brauchen dort Übersicht: Was haben wir bereits bestellt, was ist abgearbeitet, was kann berechnet werden?
Jede Bestellung bei einem Subunternehmer wird direkt aus dem Kundenauftrag generiert. Diese Bestellung bekommt eine Bestellnummer, die wiederum auf der Rechnung des Subunternehmers auftaucht. Diese eindeutige Verknüpfung vereinfacht die Abrechnung erbrachter Leistungen. Die automatische Zuordnung der Bestellung zum Kundenauftrag ist für uns eine extreme Erleichterung.

Felix Klimsch: Arbeiten Sie mit der Bootsverwaltung der Software?

Patric Polch: Die Bootsverwaltung ist für uns eine wichtige Grundlage für den Arbeitsprozess. Wir erfassen jedes Boot und dokumentieren daran erledigte Arbeiten wie Reparaturen etc. Wenn der Eigner wechselt, bleibt trotzdem die komplette Historie erhalten. Das spart viel Zeit, und man hat alles auf einen Blick in der Bootsakte zur Verfügung – langes Suchen nach Dokumenten, Ordnern, Bildern etc. entfällt.

Felix Klimsch: Was sollte ein Unternehmen bedenken, wenn es eine Warenwirtschaft einführen möchte?

Patric Polch: Eine relativ genaue Vorstellung, was die Software abdecken soll, ist entscheidend: Das erfordert einige Vorarbeit. Das wichtigste ist ein Zeitplan und Geduld. Man darf nicht erwarten, dass alle Betriebsabläufe von heute auf morgen in der EDV abgebildet werden können.

Felix Klimsch: Bevor wir unsere Softwarelösung im Betrieb einführen, wird ein Ablaufplan mit dem Kunden besprochen. Nach diesem Plan wird die Software installiert. Nach der Grundschulung wird nach einigen Wochen der nächste Termin für eine intensive Schulung vereinbart. Für Fragen stehen Kundenbetreuer und die Hotline zur Verfügung.

Patric Polch: Die Einführung einer Warenwirtschaft bedeutet auch für die Mitarbeiter eine Umstellung. Hier ist Geduld gefragt und die Bereitschaft, etwas Neues zu lernen. Schulungen sind ein hilfreicher Faktor, um sich schnell mit der Bedienung der Software vertraut machen zu können.

Felix Klimsch: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von der C.O.S. Software GmbH und für Ihre Branche?

Patric Polch: Ich bin sehr gespannt auf die mobilen Lösungen. Davon verspreche ich mir, dass man z.B. Teile und Zeiten auf Belege vor Ort an dem Boot buchen kann, an dem man gerade arbeitet.
Daten laufen direkt in die Warenwirtschaft und müssen nicht nachträglich am Terminal eingegeben werden. Weniger Wege, weniger Papier.

Für die Bootsbranche wünsche ich mir mehr Mut zur Veränderung und weniger Angst vor Professionalisierung und Digitalisierung.

Felix Klimsch: Herr Polch, vielen Dank für Ihre Zeit und das angenehme Gespräch.

Quelle: Das Interview erschien in der Ausgabe 4/2018 der Fachzeitschrift „Wassersportwirtschaft“ des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft e.V.